Fragen im Religionsunterricht

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Mirjam Zimmermann (Hg.)

Fragen im Religionsunterricht
Unterrichtsideen zu einer schülerfragenorientierten Didaktik.

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2013
164 Seiten kartoniert
ISBN 978-3-525-77616-2
19,99 als PDF eBook 15,99

Etliche meiner Lehramtsstudierenden mögen noch meine Reaktion nach  Unterrichtshospitationen im Ohr haben: „Unterrichten ist mehr als fragen!“. Damit habe ich auf die irritierende Fülle von Lehrerfragen verwiesen, die besonders bei Berufsanfängern typisch sind. Mirjam Zimmermann weist in diesem Fachbuch eingangs auf eine riesige Diskrepanz hin: Während Lehrerfragen ca. 50 – 120 mal in einer (!) Unterrichtsstunde vorkommen, so stellt eine Schülerin bzw. ein Schüler im Durchschnitt alle zehn (!) Unterrichtsstunden eine Frage! Dabei lässt doch kaum ein Bildungsplan für Religion die Gelegenheit aus, auf den besonderen Stellenwert der Schülerfragen hinzuweisen, ja ganze Konzepte darauf aufzubauen. Offenkundig klaffen Theorie und Unterrichtswirklichkeit hier weit auseinander.

Im vorliegenden Buch „Fragen im Religionsunterricht“ widmet sich die Siegener Religionspädagogin Mirjam Zimmermann  dem (fach-)didaktischen Problem und stellt in dem einleitenden Beitrag zahlreiche Ideen für ein „fragenförderliches Lehrerverhalten“ vor (14). Hierbei geht es nicht einfach darum, die Schüler mehr Fragen stellen zu lassen, sondern die Ideen sollen helfen, Themen durch intelligentes, forschendes und neugieriges Fragen eigenständig zu erschließen. Das Thema ist also nicht nur ein ‚handwerklicher’ methodischer Aspekt, sondern eine grundlegende Frage nach dem didaktischen Ansatz.

Für die Grundschule stellt Rainer Oberthür etwas aus seinem reichen Schatz an Erfahrungen zur Verfügung. Er konfrontiert seine Schülerinnen und Schüler mit Aufgaben wie: „Wie viele Fragen hat das Leben?“ Wie lautete deine größte Frage?“ Diese Impulse leiten über zu philosophischem und theologischen Fragen, die mit den Kindern erörtert werden.

Martina Plieth stellt den Zusammenhang zum Thema „Sterben, Tod und Traurigkeit“ her. Sie schlägt Frage-Sammlungen vor, die dann in Kleingruppen erarbeitet werden sollen. Als weiteren Tipp verweist sie auf die Möglichkeit, einen kundigen Gast in die Klasse einzuladen, der sich den Fragen der Kinder stellt.

„Warum gehst du in die Kirche?“ Mit dieser neugierigen Frage lässt Angela Heidler Kinder auf Entdeckungsreise als Kirchenforscher gehen. Hier findet man anregende Ideen zur vielseitigen Erkundung von Kirchen. Die Kinder erfahren so, dass die Kirche mehr ist als ein Gebäude.

Romy Tenge  widmet sich der Situation des Übergangs von der Grundschule in die weiterführende Schule. Das Fach Religion stellt sich in der Sekundarstufe I neu auf und ruft neue Fragen hervor. Interessant und sicherlich ertragreich die Anregung: die Fünftklässler laden Schüler des Jahrganges 12 ein und stellen ihnen ihre Fragen aus dem Religionsunterricht vor.

Religionsunterricht kann seinen Ort auch außerhalb der Schule haben. Gabriele Obst stellt das Projekt eines theologisch-philosophischen Kindercafes vor, in dem schon Fünftklässler eine bedeutende Rolle übernehmen. Bärbel Husmann kombiniert die Erarbeitung religiöser und biblischer Themen mit der Lektüre eines Jugendbuches in einer 10. Klasse. Weitere Beiträge des Buches beschäftigen sich mit Themen für die Gymnasiale Oberstufe. Besonders steht dabei die Erforschung der Bibel im Fokus. Die Bandbreite geht dabei von der intensiven Arbeit mit einer Präsenzbibliothek, über die Lektüre einer biblischen Ganzschrift bis hin zu einer kompletten Unterrichtseinheit über Christologie.

Die Fülle der in diesem Buch angebotenen Themenbereich ist beachtlich. Jedoch fehlt nach meinem Dafürhalten der Umgang mit elektronischen Medien, die ja im Bereich des Unterrichts und der Informationsbeschaffung einen immer größeren Raum einnehmen.

Das Fachbuch zu den Fragen im Religionsunterricht ist ein wichtiger Beitrag zu einer stärkeren Schülerorientierung. Die Beispiele aus dem Unterricht helfen auch, den Religionsunterricht aus dem schulischen  Elfenbeinturm heraus zu holen und ihn stärker in die Lebenswelt einzubinden.

Dr. Manfred Spieß
Universität Bremen
4.3.2014

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